Als großen Vorteil von Krypto-Währungen und Blockchains hört man immer wieder zu allererst, dass sie dezentral sind! Das ist per se auch richtig und ein großer Fortschritt. Aber wenn der Faktor Mensch ins Spiel kommt, ist das auch ganz schnell wieder hinfällig. Aber von vorne.
Was heißt dezentral?
Ich selbst bin Laie, was Blockchains angeht, und mein Bruder hat oft genug das Vergnügen, meine zum Teil naiven Fragen zu beantworten. Ich finde das Thema aber sehr interessant und mag die Gedanken. Ein dezentrales Netzwerk kann man sich recht einfach vorstellen.
Klassischerweise sende ich eine Nachricht, die über die Servern von einem Unternehmen (der Anbieter des Dienstes) zum Empfänger übertragen wird. Das bedeutet, dass alle Informationen zu dieser einen Nachricht auf dem gleichen Server abliegen und somit eine Partei die komplette Macht darüber hat. Beispiel WhatsApp: hier liegen meine Chats, Bilder, etc. alle auf den Servern von Facebook. Wenn ich eine Nachricht bei mir lösche, heißt das noch lange nicht, dass im Zuckerbergschen Universum auch nichts mehr von unserer Mitteilung übrig bleibt.
In einem dezentralen Netzwerk wird jetzt nicht mehr die ganze Nachricht über einen Server transferiert, sondern jeder Teilnehmer im Netzwerk ist potentieller Verbreiter von Nachrichten-Schnipseln. Einfach gesprochen: Netzwerk-Rechner 1 übermittelt das erste Wort oder den ersten Buchstaben, Netzwerk-Rechner 2 das zweite und so weiter. Das ganze dann noch redundant. So hat kein Teilnehmer die komplette Macht über die versandte Botschaft. Nice!
Und wie ist das jetzt bei den Krypto-Währungen?!
Ähnlich verhält es sich auch oftmals bei den Krypto-Währungen. Diese sind ja in den meisten Fällen die Belohnung für die Arbeit der oben beschriebenen Netzwerk-Rechner 1, 2 ,3 … Für das übermitteln von Informationen / das Lösen von Rätseln und dem damit verbundenen Stromverbrauch sowie Rechenleistung erhalten diese Rechner dann Belohnungen. Bei der Blockchain-Technologie Ethereum heißt die Währung dann zum Beispiel Ether. Außerdem distanzieren sich Krypto-Währungen auch ganz offensiv von klassischen Finanz-Organen wie Zentralbanken. Es soll eben auch hier das gesamte Netzwerk die Macht haben und nicht ein einzelnes Organ daraus.
Dumm nur, wenn dann der Mensch wieder Menschen-Sachen macht …
Das ist von der Idee her natürlich wunderbar und mag in der Theorie auch super gut funktionieren. Problematisch wird es aber dann – und das ist, was wir gerade häufig beobachten – wenn Menschen die Mechaniken von klassischen Finanzmärkten auf den Krypto-Markt transferieren und darauf anwenden. Große klassische Investoren sind seit Jahren dabei, auch auf den neuen Märkten höchst-spekulativ zu investieren, weil es hier irrsinnige Renditen gibt. Und gefühlt auch nur eine Richtung. Die Kurse steigen bei fast jedem Coin, wenn man sie mit dem Vorjahr vergleicht.
Und dann ist da ja noch Elon Musk
Und weil die Investoren von der Wallstreet noch nicht genug sind, gibt es ja auch noch Elon Musk. Der Tesla, Hyperloop, Boring-Company, PayPal, SpaceX und was weiß ich noch Visionär hat mehr Jünger als Jesus sich jemans erträumt hätte. Ein Tweet von Musk und schon explodieren die Krypto-Kurse. Oder brechen eben auch wieder ein. Vor wenigen Monaten der große Push durch die Meldung, dass Tesla Bitcoins bald als Zahlungsmittel akzeptieren würde und jetzt das abrupte Gegenteil. Der Kurs bricht ein. Die Macht eines einzelnen Mannes stellt die Dezentralität des ganzen Systems in Frage. Es gab ja immer wieder schon Zeiten, in denen Menschen blindlings einem augenscheinlichen Visionär hinterher gerannt sind. Nicht falsch verstehen. Musk ist echt eine Lichtgestalt unserer Zeit und ein zentraler Faktor für viele Technologien, von denen wir noch in Jahrzehnten profitieren werden. Aber auch seine Handlungen sollte man kritisch hinterfragen, bevor man einfach das tut, was er oder sie proklamiert.
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